Die Koalition hat sich (endlich) auf das Gesetz zur Restschuldbefreiung mit rückwirkendem Inkrafttreten zum 01.10.2020 geeinigt.  Über die Verkürzung der Restschuldbefreiung soll am Donnerstag, 17.12.2020, 14.05 Uhr im Bundestag entschieden werden. Die Verkürzung für alle natürlichen Personen auf drei Jahre soll damit umgesetzt werden.

Hintergrund

Bereits am 01. Juli 2020 veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seinen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens. Wir hatten darüber ausführlich berichtet. Der Entwurf sieht vor, dass das Gesetz zum 01.10.2020 in Kraft tritt und das Restschuldbefreiungsverfahren sowohl für Unternehmer als auch für Verbraucher von sechs auf drei Jahre verkürzt wird. Der Bundesrat hatte am 18.09.2020 zum Gesetzesentwurf Stellung genommen.

Seit dem war es still geworden. Eine inhaltliche Einigung innerhalb der Regierungskoalition war fraglich. Die ursprünglich geplante Verabschiedung des Gesetzes in der letzten Sitzungswoche des Bundestages wurde zunächst verschoben.

Über das Gesetz zur Verkürzung der Restschuldbefreiung soll nun am Donnerstag, den 17.12.2020, 14.05 Uhr im Bundestag entschieden werden. Die Restschuldbefreiung soll für alle natürlichen Personen auf drei Jahre verkürzt werden.

Die Änderungen im Überblick

Laut Bundesregierung ist die angestrebte Neuregelung Teil des Konjunktur- und Krisenbewältigungspakts. Gerade mit Blick auf die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie sollen „redliche Schuldner schneller die Möglichkeit für einen Neuanfang“ erhalten.

Geplant ist so in erster Linie, die Dauer des Restschuldbefreiungsverfahren von sechs auf drei Jahre zu verkürzen. Mit dem Instrument der Restschuldbefreiung können Schuldner unter bestimmten Voraussetzungen von nicht erfüllter Verbindlichkeiten gegenüber ihren Gläubigern befreit werden. Dies soll ihnen die Chance auf einen wirtschaftlichen Neuanfang geben.

Die Neuregelung soll bereits für ab dem 1. Oktober 2020 beantragte Verfahren gelten. Sie ist jedoch zunächst bis zum 30. Juni 2025 befristet und soll dann evaluiert werden. Eine Übergangsregelung ist außerdem für Insolvenzverfahren geplant, die zwischen dem 17. Dezember 2019 und dem 30. September 2020 beantragt wurden. In diesen Fällen soll sich laut Bundesregierung der bisherige reguläre Zeitraum von sechs Jahren, der für eine Befreiung von der Restschuld erforderlich ist, um so viele volle Monate verkürzen, wie seit dem Inkrafttreten der EU-Richtlinie am 16. Juli 2019 bis zur Stellung des Insolvenzantrags vergangen sind. Daneben besteht die Möglichkeit, eine vorzeitige Restschuldbefreiung nach bisherigem Recht zu erreichen.

Als Erleichterung für die Praxis ist vorgesehen, dass es bei Verbraucherinsolvenzverfahren, die bis zum 30.6.2021 beantragt werden, ausreicht, dass der außergerichtliche Einigungsversuch in den letzten zwölf Monaten vor dem Insolvenzantrag erfolglos absolviert wurde.

Insolvenzbedingte Verbote beruflicher Tätigkeiten sollen künftig mit Ablauf der Entschuldungsfrist außer Kraft treten. Bei erlaubnis- und zulassungspflichtigen Tätigkeiten ist jedoch erneut eine Genehmigung dafür einzuholen.

Der Schuldner hat jetzt die Verpflichtung den Insolvenzverwalter unverzüglich über die Aufnahme oder Fortführung einer selbständigen Tätigkeit zu informieren. Der Insolvenzverwalter wird seinerseits verpflichtet, unverzüglich, jedoch spätestens nach einem Monat über das Ersuchen einer Freigabe der selbständigen Tätigkeit zu entscheiden.

Die Abführungspflichten des selbstständigen Schuldners wurden neu geregelt. Der Schuldner kann jetzt beantragen, dass der abzuführende Betrag vom Insolvenzgericht festgesetzt wird.

In der Wohlverhaltensphase sind Geschenke hälftig sowie Lotteriegewinne vollständig herauszugeben. Von dieser Herausgabepflicht sind gebräuchliche Gelegenheitsgeschenke und Gewinne von geringem Wert ausgenommen. Der Schuldner kann außerdem durch das Insolvenzgericht feststellen lassen, ob ein Gegenstand der Herausgabepflicht unterliegt.

Verlängert werden soll hingegen die Sperrfrist für ein zweites Restschuldbefreiungsverfahren: Sie wird von zehn auf elf Jahre erhöht. Das zweite Verfahren soll dann auch einer längeren Verfahrensdauer von fünf Jahren unterliegen. Die Verkürzung des Verfahrens solle nicht dazu führen, dass Schuldner im Falle einer späteren Wiederverschuldung schneller zu einer zweiten Entschuldung kommen können, erklärt die Bundesregierung.

Ausblick

Die Anzahl der Privatinsolvenzen und Insolvenzen von Unternehmern sind in den vergangenen Monaten stark zurückgegangen. Für Branchenkenner kein Wunder, denn alle haben auf die angekündigte Verkürzung des Verfahrens gewartet. Deshalb sitzen Beratungsstellen aktuell auf einem riesigen Antragsberg, die Insolvenzgerichte und Verwalterbüros bereiten sich auf enorme Antragswellen vor.

Im kommenden Jahr rechnet Crifbürgel mit einem Anstieg der Privatinsolvenzen auf 100.000 bis 110.000, was grob auf eine Verdoppelung hinausläuft.

Mit der Verkürzung der Restschuldbefreiung wird überschuldeten Unternehmen, Selbständigen und Privatpersonen ein schnellerer Neuanfang ermöglicht. Damit können Betroffene schneller wieder aktiv am gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Leben teilhaben.

Update

Die Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens wurde am 17.12.2020 im Gesetz zur weiteren Verkürzung der Restschuldbefreiung und zur Anpassung pandemiebedingter Vorschriften im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins- und Stiftungsrecht sowie im Miet- und Pachtrecht verabschiedet.

Christian Krösch