Stand: 30. September 2020

Seit mehr als 8 Monaten bestimmt die Corona-Pandemie nicht nur das gesellschaftliche Zusammenleben, sondern auch die wirtschaftliche Situation der Unternehmen in Deutschland. Durch die Pandemie rücken zunehmend arbeitsrechtliche Problematiken in den Fokus.

Das Instrument der Kurzarbeit ist in der vergangenen Zeit nicht nur für jedermann ein Begriff, sondern auch für Millionen Arbeitnehmer in Deutschland zur Gegenwart geworden. Damit verbunden ist die divergierende Frage der Zulässigkeit einer betriebsbedingten (Beendigungs-)kündigung während des Kurzarbeitsverhältnisses. Nachfolgend gehen wir auf die Stellung der zuvor benannten Krisenmittel zueinander ein.

1. Begriff der Kurzarbeit

Allgemeine kann Kurzarbeit mit der vorübergehenden Verkürzung der betriebsbedingten normalen Arbeitszeit definiert werden. Damit kongruent ist eine entsprechende Kürzung des Arbeitsentgelts. Der Zeitraum der Kurzarbeit nicht mehr vorübergehend, wenn dieser länger als 12 Monate andauert. Mit der Kurzarbeit wird der wirtschaftliche Zweck verfolgt, das Unternehmen finanziell durch geringere Personalkosten zu entlasten und gleichzeitig die Arbeitsplätze zu erhalten. Die Kurzarbeit kann durch den Arbeitgeber nicht einseitig angeordnet werden.

2. Problemstellung

Die Corona-Pandemie verdeutlicht, dass die Regelungen zur Kurzarbeit sowie staatliche Maßnahmen Unternehmen nicht vor finanziellen Schwierigkeiten bewahren können. Für Unternehmen, die sich sanieren oder umstrukturieren wollen, ist ein Personalabbau meist unumgänglich. Daran knüpft unweigerlich die Frage an, ob eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit möglich ist.

3. Betriebsbedingten Kündigung
3.1 Dringende betriebliche Erfordernisse

Aus § 1 Abs. 2 S. 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) geht hervor, dass es eines dringenden betrieblichen Erfordernisses bedarf, damit eine Kündigung sozial gerechtfertigt ist. Das dringende betriebsbedingte  Erfordernis ist regelmäßig dann gegeben, wenn die Beschäftigung auf Dauer wegfällt. Somit wäre die betriebsbedingte Kündigung sozialwidrig und logisch inkonsequent, wenn diese und die Anordnung der Kurzarbeit mit den selben Gründen seitens des Betriebes gerechtfertigt werden.

Bereits aus der Begriffsbestimmung der Kurzarbeit ergibt sich eine lediglich vorübergehende Verkürzung der Arbeitszeit. Allenfalls kann die Kurzarbeit als nicht mehr zweckmäßig angesehen werden, wenn die Beschäftigung auf Dauer entfällt. Damit einher geht, dass gleichwohl die Arbeitsplätze nicht gesichert werden können. Vielmehr bedarf es einer Restrukturierung, die wohl unumgänglich betriebsbedingte Kündigungen mit sich zieht.

Folglich erfordert es gesonderte Umstände, die über die Gründe der Kurzarbeit hinweggehen.  Diese können sowohl außerbetrieblicher als auch innerbetrieblicher Natur sein. Im Rahmen des Kündigungsschutzprozesses liegt die Darlegungs- und Beweislast für die Existenz dieser Umstände beim Arbeitgeber.

3.2 Weitere Voraussetzungen

Selbstredend ist das Vorliegen der weiteren Voraussetzungen einer betriebsbedingten Kündigung unabdingbar. Dazu gehören, dass der Arbeitnehmer im Unternehmen nicht (auch nicht anderweitig) weiter beschäftigt werden kann, eine umfassende Interessenabwägung sowie eine sorgfältige Sozialauswahl stattgefunden haben. Unerlässlich ist das Einhalten der gesetzlichen oder vertraglichen Kündigungsfristen.

3.3 Mitwirkungs- und Bestimmungsrecht des Betriebsrats

Bei Bestehen eines unternehmerischen Betriebsrates ist darauf zu achten, dass diesem Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte zustehen. Der Betriebsrat ist bspw. vor jeder Kündigung gem. § 102 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu hören. Bei anzeigepflichtigen Massenentlassungen nach § 17 KSchG sind dem Betriebsrat insbesondere die zweckdienlichen Auskünfte nach § 17 Abs. 2 KSchG zu erteilen.

3.4 Vertragliche Vereinbarungen

Nicht außer Acht gelassen werden darf, dass mit unter, insbesondere bei Tarifverträgen, eine betriebsbedingte Kündigung während der Kurzarbeit durch eine individuelle oder kollektive Vereinbarung ausgeschlossen sein kann. Liegt eine solche vertragliche Vereinbarung vor, so ist die ausgesprochene betriebsbedingte Kündigung unwirksam, soweit eine fristgerechte Kündigungsschutzklage von dem betroffenen Arbeitnehmer eingereicht wurde.

 4. Folgen der betriebsbedingten Kündigung während der Kurzarbeit

Gemäß § 98 Abs. 1 Nr. 2 SGB III entfällt der Anspruch auf Kurzarbeitergeld mit Zugang der Kündigung, da gleichzeitig der arbeitsplatzsichernde Zweck entfällt. Der Lohnanspruch des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber ergibt sich aus den vertraglichen Vereinbarungen. Dem Arbeitnehmer stehen ab dem Zugang der Kündigung Zahlungsansprüche gegen den Arbeitgeber zu (bis zur ordnungsgemäßen Beendigung des Arbeitsverhältnisses); eine Kompensation durch Kurzarbeitergeld ist dem Arbeitgeber dann nicht mehr möglich.

5. Fazit

Die betriebsbedingte Beendigungskündigung eines Arbeitnehmers während des Kurzarbeitsverhältnisses ist unter den zuvor benannten Voraussetzungen zulässig. Pandemiebedingt könnten sich eingangs erstellte Prognosen des Unternehmens als nicht mehr tragbar erweisen. Die Folgen und Entwicklung des neuartigen Corona-Virus sind aus wirtschaftlicher Sicht nur schwer einzuschätzen. Anfangs konnte die Umstellung auf Kurzarbeit für ein Unternehmen zielführend sein, doch im Laufe der Zeit kann sich diese Prognose als falsch erweisen. Nicht immer ist die Trennung zwischen vorübergehenden und langfristigen Arbeitsausfall so offensichtlich wie in der Theorie. Im Übrigen gelten bei personen- oder verhaltensbedingten Kündigungen bei einer bestehenden Kurzarbeit keine Besonderheiten.