Stand: 8. August 2018

Dieser Beitrag beleuchtet die Wirksamkeitsvoraussetzungen sogenannter Klageverzichtsklauseln, bei denen der Arbeitnehmer sich verpflichtet, gegen die Kündigung des Arbeitgebers keine Kündigungsschutzklage zu erheben.

1. Ausgangslage

Ausgehend von § 23 Abs. 1 KSchG unterliegt das Arbeitsverhältnis immer dann dem Regelungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG), wenn es sich bei dem Betrieb des Arbeitgebers nicht um einen Kleinbetrieb (Betrieb mit nicht mehr als 10 Arbeitnehmern) handelt und das Arbeitsverhältnis seit mehr als 6 Monaten besteht. In Deutschland fällt somit eine Mehrzahl der Arbeitsverhältnisse unter den Regelungsbereich des Kündigungsschutzgesetzes.

Kommt das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung, bedarf es zur Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung der sozialen Rechtfertigung der selbigen. So ist es in § 1 Abs. 2 KSchG formuliert. Die ordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist nur bei betriebsbedingten, verhaltensbedingten und personenbedingten Gründen gerechtfertigt.

Nach einer arbeitgeberseitigen Kündigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitnehmer die Möglichkeit, beim örtlich hierfür zuständigen Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage zu erheben. Hierbei hat der Arbeitnehmer die gesetzliche Frist von 3 Wochen (zur Klageerhebung) nach Zugang der Kündigung zu beachten (§ 4 KSchG). Nicht innerhalb dieser Frist erhobene Klagen sind unwirksam (§ 7 KSchG) und beenden das Arbeitsverhältnis auf Grundlage der arbeitgeberseitigen Kündigung.

Ein arbeitsgerichtliches Verfahren über die Frage nach der Wirksamkeit der (arbeitgeberseitigen) Kündigungserklärung ist stets für den Arbeitgeber mit Risiken verbunden. Er trägt nämlich hinsichtlich der ausgesprochenen Kündigung die Darlegungs- und Beweislast. Der Arbeitgeber muss also die Kündigungsgründe, die aus seiner Sicht die Beendigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigen, beweisen.

Möchte der Arbeitgeber also ein arbeitsgerichtliches Verfahren/einen Kündigungsschutzprozess vermeiden, hat er die Möglichkeit, durch Abschluss eines Aufhebungsvertrags eine sogenannte Klageverzichtsvereinbarung mit seinem Arbeitnehmer zu schließen. Eine derartige Vereinbarung ist ein Vertrag zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer. Hierbei werden dann Fragen über die Abwicklung des bereits gekündigten Arbeitsverhältnisses geklärt. Bestandteil von solchen Aufhebungsverträgen sind dann beispielsweise auch die Gewährung von Resturlaub, die Zahlung einer Abfindung wie die Erteilung eines Arbeitszeugnisses. Bestandteile dieser Verträge sind in der Regel auch Klauseln über eine Verpflichtung des Arbeitnehmers, gegen die arbeitgeberseitige Kündigung keine Kündigungsschutzklage zu erheben.

Bei derartigen Klageverzichtsklausel sollten jedoch deren rechtliche Wirksamkeitsvoraussetzungen beachtet werden.

2. Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Klageverzichtsklausel

Grundsätzlich gibt es für den Arbeitnehmer keinerlei Pflicht, gegen die arbeitgeberseitige Kündigung im Wege eines Kündigungsschutzprozesses vorzugehen. Es steht dem Arbeitnehmer frei, auf die Erhebung einer Kündigungsschutzklage zu verzichten und mit dem Arbeitgeber einen Abwicklungsvertrag zu schließen (vgl. u. a. BAG, Urteil vom 19.04.2007 – 2 AZR 208/06).

Wegen der meist einseitigen Vorgabe der Klausel über den Klageverzicht ist Gegenstand eines solchen Vertrags dann eine „Allgemeine Geschäftsbedingung“ im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen aufgrund der einseitigen Vorgabe (durch einen Vertragspartner) einer strikten Kontrolle im Hinblick auf ihre Rechtmäßigkeit. Bei Aufhebungsverträgen ist es auch nicht notwendig, dass der Arbeitgeber die entsprechende Regelung bei einer Vielzahl von Verträgen als vorformulierte Vertragsbedingung bereits vorgegeben hat. Nach § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB wird der Prüfungsmaßstab der §§ 305 ff. BGB auch bei einmaliger Verwendung auf einen Vertrag zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher angewendet, wenn der Verbraucher (hier der Arbeitnehmer) auf die Klageverzichtsklausel keinen Einfluss nehmen konnte. Dies wird regelmäßig bei der Vorgabe des Aufhebungsvertrags durch den Arbeitgeber der Fall sein.

Bei der Verwendung einer Klageverzichtsklausel ist also zu beachten, dass hier der stringente Prüfungsmaßstab der §§ 305 ff. BGB gilt. Eine entsprechende Klausel unterliegt daher unter anderem der Inhaltskontrolle des § 307 BGB. Sie sind dann als „Allgemeine Geschäftsbedingungen“ unwirksam, wenn hierdurch der andere Teil (Arbeitnehmer) entgegen dem Gebot von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird. Insbesondere in dem Fall, wo der Arbeitnehmer seinen Verzicht auf die Erhebung der Kündigungsschutzklage (nach erfolgter Kündigung) erklärt und ihm hierfür keine Gegenleistung zufließt, wird mangels „kompensatorischer Gegenleistung“ die Unwirksamkeit der Klageverzichtsklausel angenommen (vgl. u. a. BAG, Urteil vom 06.09.2007 – 2 AZR 722/06 und BAG, Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14).

Für die Wirksamkeit einer Klageverzichtsklausel ist es also zwingend notwendig, dass der Vertrag eine kompensatorische Gegenleistung (für den Arbeitnehmer) für den Klageverzicht beinhaltet. Als solche ist in der Regel eine Abfindung denkbar. Möglich ist auch die Verlängerung der Kündigungsfrist oder gar ein Verzicht auf etwaige Schadensersatzansprüche gegen den Arbeitnehmer.

Bei einer Abfindungszahlung als „kompensatorische Gegenleistung“ kann unter Bezugnahme auf die Norm des § 1a KSchG ein halbes Monatsgehalt pro Beschäftigungsjahr als angemessen betrachtet werden.

Ein Arbeitszeugnis mit der Gesamtnote „gut“ hingegen stellt keinen Vorteil im Sinne einer kompensatorischen Gegenleistung dar, denn mit der Erteilung eines Arbeitszeugnisses erfüllt der Arbeitgeber nur eine gesetzliche Verpflichtung (vgl. BAG, Urteil vom 24.09.2015 – 2 AZR 347/14).

3. Rechtsfolgen einer unwirksamen Klageverzichtsklausel

Eine fehlende oder unzureichende kompensatorische Gegenleistung führt trotz Abwicklungsvertrag zu einer Unwirksamkeit des vereinbarten Klageverzichts. Die Rechtsfolge ist dann der Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zwischen den Vertragsparteien.  Für den Arbeitgeber ist die Unwirksamkeit eines vereinbarten Klageverzichts dahingehend problematisch, dass der Arbeitnehmer nicht an eine Frist gebunden ist, um die vorgenannte Rechtsfolge gegenüber dem Arbeitgeber geltend zu machen. Fristen wie die des § 4 KSchG (Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage) gelten für Aufhebungsvereinbarungen nicht. In derartigen Fällen kann sich der Arbeitgeber gegenüber dem Arbeitnehmer allenfalls auf eine Art Verwirkung berufen. Hierbei dürfte es jedoch neben einem gewissen Zeitablauf auch notwendig sein, dass auf Seiten des Arbeitgebers Umstände vorhanden sind die darauf schließen lassen, dass der Arbeitnehmer sich nicht mehr auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses beruft.

4. Fazit

Beim Abschluss von Abwicklungsverträgen ist darauf zu achten, dass eine eventuell vereinbarte Klageverzichtsklausel nur dann wirksam vereinbart werden kann, wenn ihr zugunsten des Arbeitnehmers eine kompensatorische Gegenleistung gegenübersteht. Hier kommt es jedoch für die Frage nach der Art der Gegenleistung auf den Einzelfall an. Arbeitgebern ist es daher zu empfehlen, stets mit anwaltlicher Hilfe derartige Vereinbarungen mit ihren Arbeitnehmern zu treffen.

Arbeitnehmer haben nach Erhalt einer Kündigung stets auch die Möglichkeit, fristgerecht Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht zu erheben. Auch im Rahmen von Kündigungsschutzprozessen besteht stets die Möglichkeit einer vergleichsweisen Einigung (gegebenenfalls unter Zahlung einer Abfindung) mit dem Arbeitgeber. Bei der Vorlage einer Aufhebungsvereinbarung durch den Arbeitgeber sollten auch Arbeitnehmer diese ebenfalls eingehend prüfen.