Stand: 21. Juli 2020

Dass das Coronavirus negative wirtschaftliche Folgen mit sich bringt, ist längst kein Geheimnis mehr. So wird das Bruttoinlandsprodukt voraussichtlich um 6,3% im Vergleich zum Vorjahr 2019 zurückgehen. Die finanziellen Einbußen der Unternehmer durch den Shutdown im ersten Quartal des Jahres fallen schwer ins Gewicht. Der Gesetzgeber reagierte darauf mit der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bis zum 30.09.2020. Die anschließend befürchtete Welle an Insolvenzanträgen aufgrund (drohender) Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der Unternehmer wird wohl nicht ausbleiben. Doch entgegen der negativen Erwartungshaltung eines Unternehmers gegenüber Insolvenzverfahren, ebnet die Insolvenzordnung (InsO) gleichermaßen den Weg zur Sanierung von Unternehmen. In Vergessenheit gerät dabei, dass das Regelinsolvenzverfahren eine Reihe von Sonderverfahren beinhaltet, bei denen Unternehmern eine Vielzahl von Handlungsspielräumen bleiben. Lesen Sie im Nachfolgenden über die Vorzüge der Sanierungsinstrumente: Insolvenzplanverfahren, Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung und das Schutzschirmverfahren.

Insolvenzplan

Der Insolvenzplan ist im weitesten Sinne ein Vergleich mit den Gläubigern unter Aufsicht des Gerichts. Ein Unternehmen hat die Möglichkeit sich zum Zweck der Unternehmenssanierung frühzeitig auf ein Insolvenzplanverfahren vorzubereiten. Dabei stellt der Insolvenzplan, welcher sowohl vom Schuldner als auch vom Insolvenzverwalter vorgelegt werden kann, einen Teil des eröffneten Insolvenzverfahrens dar. Er besteht aus einem darstellenden und einem gestaltenden Teil. Während der darstellende Teil Angaben über den Status quo enthält, müssen aus dem gestaltende Teil u.a. Regelungen darüber, wie das Unternehmen restrukturiert werden kann und die Gläubiger befriedigt werden sollen, hervorgehen. Vorteil ist hierbei, dass der Insolvenzplan für jedes Unternehmen individuell ausgestaltet wird und somit eine erhöhte Flexibilität besteht.

Maßgabe des Insolvenzplanverfahrens ist, dass die Gläubiger besser gestellt sind als im Falle eines Regelinsolvenzverfahrens. Dies kann z.B. durch externe Geldgeber erreicht werden, die kurzfristig liquide Mittel zur Verfügung stellen, ohne dabei selbst Gläubiger in dem Verfahren werden.

Mit der Rechtskraft des Insolvenzplans geht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens einher. Damit gelangen Unternehmer schneller zu ihrer wirtschaftlichen Handlungsfreiheit zurück.

Eigenverwaltung

Die Eigenverwaltung ist ebenfalls eine Sonderform der Durchführung des Insolvenzverfahrens. Im Unterschied zum Regelinsolvenzverfahren behält die Unternehmensleitung die Verfügungsgewalt und die Finanzhoheit über das Unternehmen und bleibt somit persönlich handlungsfähig. Jedoch wird der Geschäftsführung ein Sachwalter zur Seite gestellt, der das Unternehmen in der Krise unterstützt und überwacht. In geeigneten Fällen wird zusätzlich ein externer Sanierungsberater als Chief Restructuring Officer (CRO) als Teil der Geschäftsführung eingesetzt.

In der Phase vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens prüft der vorläufiger Sachwalter, ob die Voraussetzungen für die Eigenverwaltung gegeben sind. Ein Insolvenzverfahren in  Eigenverwaltung kann eröffnet werden, wenn dieses für die Gläubiger nicht nachteilig wäre und realistische Chancen für eine erfolgreiche Sanierung gegeben sind.

Die Eigenverwaltung bietet die Möglichkeit, von dem Know-how der Geschäftsführung zu profitieren. Dieses umfasst regelmäßig nicht nur branchenspezifisches Wissen, sondern auch  Geschäftskontakte sowie innerbetriebliche Abläufe. Daneben erübrigt sich die zeit- und kostenintensive Einarbeitungszeit eines Insolvenzverwalters, wodurch das Verfahren insgesamt verkürzt werden kann. Auch in der Eigenverwaltung kann das Insolvenzverfahren durch einen Insolvenzplan beendet werden.

Schutzschirmverfahren

Das Schutzschirmverfahren ist ein Sanierungsverfahren und vereint das geplante und das in Eigenregie geführten Verfahren unter Aufsicht des (vorläufigen) Sachwalters und des Gerichts. Damit dieses Verfahren zur Anwendung kommen kann, bedarf es einer frühzeitigen Reaktion auf eine sich anbahnende Krise, denn Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist, dass die Zahlungsunfähigkeit des Unternehmens noch nicht eingetreten ist. Es kommt folglich nur bei einer drohenden Zahlungsunfähigkeit oder bei Überschuldung in Betracht. Des Weiteren muss Aussicht auf eine erfolgreiche Sanierung bestehen. Diese Voraussetzungen sind durch einen fachkundigen Dritten, etwa einem Steuerberater oder Rechtsanwalt, zu prüfen. Liegen diese vor, so bestimmt das Gericht eine Frist von drei bis sechs Monaten, in welcher der Insolvenzplan vorgelegt werden muss. Das Insolvenzverfahren wird während dieser Frist noch nicht eröffnet. Es handelt sich um eine vorläufige Eigenverwaltung mit einem vorläufigen Sachwalter, der von der Geschäftsführung bestimmt werden darf. Durch die Eigenverwaltung behält die Geschäftsführung weiterhin die Kontrolle.

Mit dem Antrag auf Insolvenzeröffnung in Eigenverwaltung werden drohende Vollstreckungen gegen den Schuldner verhindert. Darüber hinaus ist es dem Unternehmen per Gesetz gestattet neue Masseverbindlichkeiten zu begründen. Das Verfahren sieht eine rasche Abwicklung vor und stellt Hilfsinstrumente zur Erstellung eines Sanierungsplans bereit. Im Übrigen muss das Schutzschirmverfahren nicht öffentlich bekanntgeben werden.

Sanieren anstatt Liquidieren

Die aufgezeigten Verfahrensweisen machen deutlich, dass ein Insolvenz nicht in der Liquidation oder dem (Teil-)verkauf des Unternehmens enden muss. Die Insolvenzordnung sieht in § 1 InsO die Unternehmensfortführung ausdrücklich vor. Jedes Sonderverfahren bringt seine eigenen Vorzüge mit sich. Allen gemein ist jedoch, dass sie regelmäßig eine schnelle und flexible Gestaltung der Restrukturierung ermöglichen. Außerdem ist häufig die Außenwirkung dieser Verfahren im Vergleich zu Regelinsolvenzverfahren positiver besetzt, was sich wiederum vorteilhaft auf bestehende Geschäftsbeziehungen auswirken kann.

Nutzen Sie als Unternehmer die bis zum 30.09.2020 ausgesetzte Insolvenzantragspflicht und machen Sie sich mit den aufgezeigten Verfahren vertraut und lassen Sie sich von einem fachkundigen Berater beraten. Das finale Ziel sollte sein, das Unternehmen optimal zu sanieren und gestärkt aus der Krise herauszugehen.

Christian Krösch