Stand: 14. Dezember 2020

+++UPDATE #1: Die finale Anhörung zum Gesetzesentwurf zur Verkürzung der Restschuldbefreiung wird am 30.09.2020 sein. Das Gesetz soll dann nach Verkündung im Bundesgesetzblatt rückwirkend zum 01.10.2020 in Kraft treten.+++

+++UPDATE #2: Der Bundesrat hat am 18.09.2020 zum Gesetzesentwurf Stellung genommen.+++

+++UPDATE #3: Eine Umsetzung des geplanten Gesetzesentwurfs ist bislang nicht erfolgt. Eine inhaltliche Einigung innerhalb der Regierungskoalition ist offenbar nicht in Sicht. Die ursprünglich geplante Verabschiedung des Gesetzes in der letzten Sitzungswoche des Bundestages wurde verschoben.+++

+++UPDATE #4: Die Koalition hat sich heute auf das Gesetz zur Restschuldbefreiung mit rückwirkendem Inkrafttreten zum 01.10.2020 geeinigt. Über die Verkürzung der Restschuldbefreiung soll am Donnerstag, 17.12.2020, 14.05 Uhr im Bundestag entschieden werden.+++

Am 01. Juli 2020 veröffentlichte das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) seinen Regierungsentwurf für ein Gesetz zur weiteren Verkürzung des Restschuldbefreiungsverfahrens. Der Entwurf sieht vor, dass das Gesetz zum 01.10.2020 in Kraft tritt und das Restschuldbefreiungsverfahren sowohl für Unternehmer als auch für Verbraucher von sechs auf drei Jahre verkürzt wird.

Hintergrund des Entwurfs ist die EU-Richtlinie 2019/1023, die eine unionsweit einheitliche Entschuldungsfrist von drei Jahren für redliche, unternehmerisch tätige Schuldner vorsieht. Die Richtlinie 2019/1023 gilt es bis spätestens 17. Juli 2021 in nationales Recht umzusetzen. Nunmehr hat die Corona-Krise verdeutlicht wie schnell Unternehmer unverschuldet in finanzielle Schwierigkeiten geraten können, was das Gesetzgebungsverfahren letztlich noch einmal angekurbelt haben dürfte.

Da von der Pandemie nicht nur Unternehmer, sondern auch Privatpersonen, finanziell stark betroffen sind, sieht das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket des Bundesfinanzministeriums vom 03.06.2020 vorerst auch die Anwendung des verkürzten Restschuldbefreiungsverfahrens für Verbraucher vor, was letztlich auch in dem veröffentlichten Gesetzesentwurf eingebracht wurde.

Die Verkürzung der Entschuldungsfrist dürfte für Unternehmer ein zusätzlicher Anreiz sein, selbst die Initiative zu ergreifen und den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens zu stellen, denn ein solches kann für Unternehmer eine Chance sein, um gestärkt aus der Krise herauszugehen. Neben dem Regelinsolvenzverfahren beinhaltet die Insolvenzordnung (InsO) eine Reihe von Sanierungsinstrumenten, die die Sanierung und Restrukturierung von Unternehmen vorsehen. Gleichermaßen sollen u.a. den Unternehmen durch das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren ein schneller Neubeginn ermöglicht werden, so die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht in der Pressemitteilung vom 01.07.2020.

Wir haben nachfolgend für Sie die wesentlichen Neuerungen des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung zusammengefasst.

Einordnung der Restschuldbefreiung

Das „eigentliche“ Insolvenzverfahren geht in die Wohlverhaltensphase über, welche bis dato im Regelfall sechs Jahre andauert. Ist der Schuldner all seinen Obliegenheiten nachgekommen, kann ihm vom Gericht die Restschuldbefreiung erteilt werden. Das bedeutet, dass der Schuldner nach Ablauf der Wohlverhaltensphase, die noch nicht begleichen Schulden an seine Gläubiger nicht mehr zurückzahlen muss.

Anwendungsbereich

Künftig soll das verkürzte Restschuldbefreiungsverfahren Unternehmern und Verbrauchern offenstehen, die ihr Insolvenzverfahren ab dem 01.10.2020 beantragt haben.

Für Verbraucher ist jedoch die Möglichkeit des verkürzten Restschuldbefreiungsverfahrens zunächst bis zum 30. Juni 2025 befristet.

Für Insolvenzverfahren, die in dem Zeitraum vom 17.12.2019 bis 30.09.2020 beantragt worden sind, verringert sich die Abtretungsfrist i.S.d. § 287 Abs. 2 InsO jeweils um dieselbige Anzahl von vollen Monaten, die seit dem 16. Juli 2019 vergangen sind.

Voraussetzungen des Restschuldbefreiungsverfahrens

Voraussetzung wird weiterhin sein, dass der Unternehmer den Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt hat. Mit diesem Antrag kann zeitgleich der Antrag auf Restschuldbefreiung beim Gericht eingereicht werden.

Die Richtlinie sieht keine besonderen Voraussetzungen vor, die der Schuldner zu erfüllen hat, um die Restschuldbefreiung erteilt zu bekommen. In diesem Punkt divergiert die Richtlinie mit dem aktuell geltenden nationalen Recht. Zukünftig soll es daher nicht darauf ankommen, ob die Verfahrenskosten beglichen und 35% der geltend gemachten Forderung der Insolvenzgläubiger befriedigt sind.

Versagung der Restschuldbefreiung

Die Restschuldbefreiung kann versagt werden, wenn der Schuldner seinen Obliegenheiten, z.B. seinen Offenlegungs- und Mitwirkungspflichten, während des Insolvenzverfahrens oder der anschließenden Wohlverhaltensphase nicht nachkommt oder in der Wohlverhaltensphase unangemessene Verbindlichkeiten im Sinne des § 295 Abs. 1 Nr. 5 InsO-E begründet werden.

Vermögen aus Gewinnspielen

§ 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO-E sieht künftig ergänzend vor, dass auch Vermögen aus Schenkung zu 50% des Wertes sowie Vermögen, welches als Gewinn in einer Lotterie oder in einem anderen Spiel mit Gewinnmöglichkeiten erworben wurde zum vollen Wert an den Treuhänder herausgegeben werden müssen. Bisher regelt § 295 Abs. 1 Nr. 2 InsO (a.F.) lediglich die hälftige Abgabe einer (künftigen) Erbschaft an den Treuhänder.

Sperrfrist im Wiederholungsfall

Im Falle einer Wiederholung wurde die Sperrfrist für den Antrag eines weiteren Restschuldbefreiungsverfahren von zehn auf elf Jahre erhöht. Zudem beträgt die Dauer des Verfahrens im Wiederholungsfall fünf anstatt drei Jahre.

Ausblick

Noch handelt es sich bei dem Gesetzesentwurf um einen Regierungsentwurf. Es bleibt deshalb abzuwarten wie die finale Fassung letztlich ausgearbeitet sein wird. Der Entwurf soll voraussichtlich am 9.9.2020 in 1. Lesung im Bundestag behandelt werden. Bestand haben wird in jedem Fall die Verkürzung von sechs auf drei Jahre. Es kann ebenfalls darauf spekuliert werden, dass an dem Datum des Inkrafttretens des Gesetzes, dem 01.10.2020, festgehalten wird, denn dieses Datum knüpft direkt an die bis zum 30.09.2020 ausgesetzte Insolvenzantragspflicht an.

Christian Krösch