Stand: 19. März 2020

Der Begriff „E-Commerce“ hat sich in der heutigen Zeit fest etabliert. Für Unternehmer ist der Vertrieb von Waren über das Internet, entweder mittels eines eigenen Onlineshops oder über Online-Marktplätze wie eBay oder Amazon, schon längst eine lukrative Alternative oder Ergänzung zum stationären Einzelhandel.

Aus der Pressemitteilung des Bundesverbands E-Commerce und Versandhandel Deutschland e.V. geht hervor, dass im Jahr 2019 in Deutschland ein Brutto-Umsatz mit Waren im Online-Handel von 72,6 Mrd. Euro inkl. Umsatzsteuer erzielt wurde. Damit kann im Vergleich zum Vorjahr ein Umsatzanstieg von 11,6% verzeichnet werden. Sowohl die Anzahl von Onlinekäufern als auch der von ihnen generierte Umsatz steigen dabei stetig an.

Während das Bundesfinanzministerium u.a. die Buchführung durch die am 28.11.2019 veröffentlichten und überarbeiteten Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff (GoBD), IV A 4 – S 0316/19/10003 :001 umfassend regelt, fehlen bisweilen Regelungen, die sich auf Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflichten im E-Commerce beziehen. Der folgende Beitrag schafft Klarheit und Sicherheit bei der Buchführung im elektronischen Handel. Ein besonderes Augenmerk wird dabei auf Online-Marktplätze gelegt.

Allgemeine Anforderungen

Bei der ordnungsgemäßen Buchführung sollten Internethändler beachten, dass auch sie zur Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls verpflichtet sind.

Sogenannte Sparbuchungen, bei der lediglich eine gewisse Summe X, hervorgehend aus der Monatsabrechnungen der jeweiligen Online-Plattformen verbucht werden, sind unzulässig.

Geschäftsbücher und Aufzeichnungen sind materiell ordnungsmäßig, wenn die Geschäftsvorfälle einzeln, nachvollziehbar, vollständig, zeitgerecht und geordnet sind. Diese Maßgabe ergibt sich aus § 239 Abs. 2 HGB sowie §§ 145, 146 Abs. 1 S. 1 AO. Da Buchungen so beschaffen sein müssen, dass sie einem sachverständigen Dritten innerhalb angemessener Zeit einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und über die Lage des Unternehmens verschaffen können müssen, ist es erforderlich, dass sich auch die einzelne Geschäftsvorfälle in ihrer Entstehung und Abwicklung lückenlos verfolgen lassen. Ein Zuwiderhandeln stellt einen Verstoß gegen den Grundsatz der Einzelaufzeichnungspflicht dar (vgl. AEAO zu § 146 AO Nr. 2.1). Die Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) erfordern ebenso typischerweise die Aufzeichnung eines jeden Geschäftsvorfalls (vgl. GoBD, Rn.: 37). Dem Unternehmer wird nach Maßgabe dieser Bestimmung eine einzelne Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen zugemutet.

Aus dem Urteil des BFH vom 12.05.1966 — IV 472/60 ist ein Leitsatz zur Ausnahme von der Einzelaufzeichnungspflicht zu entnehmen. Demnach ist die Aufzeichnung jedes einzelnen Geschäftsvorfalls nur dann nicht zumutbar, wenn es technisch, betriebswirtschaftlich und praktisch unmöglich ist, die einzelnen Geschäftsvorfälle aufzuzeichnen. Nach der wortlautgerechten Auslegung des Leitsatzes bedarf es eines kumulativen Vorliegens aller drei Merkmale, deren Gegebenheit vom Steuerpflichten nachzuweisen sind. Fraglich ist jedoch die Anwendung dieser Maxime in der heutigen Zeit, da die Verhältnisse 54 Jahre später, nicht mehr vergleichbar sind. Allein das Merkmal der technischen Unzumutbarkeit ist im heutigen digitalen Zeitalter nicht gegeben, da bei der Buchführung auf spezifische Software zurückgegriffen werden kann. Aus der GoBD (Rn.: 50) geht hervor, dass eine periodische Buchung von Geschäftsvorfällen nicht zu beanstanden ist, wenn diese vorher zeitnah in den Grundaufzeichnungen oder Grundbüchern festgehalten werden und sichergestellt werden kann, dass die Unterlagen bis zu ihrer Erfassung nicht verloren gehen. Das Kriterium „zeitnah“ verlangt bei unbaren Geschäftsvorfällen ein Festhalten in den Grundbüchern innerhalb von zehn Tagen, womit gleichwohl eine betriebswirtschaftliche Unzumutbarkeit in Frage gestellt werden kann.

Ein Verzicht auf die Einzelaufzeichnungspflicht ist nur in einem Fall gesetzlich geregelt: Werden Waren an eine Vielzahl von unbekannten Personen gegen Bargeld verkauft, so kann eine Befreiung von der Einzelaufzeichnungspflicht von Geschäftsvorfällen möglich sein, gem. § 146 Abs. 1 S. 3 AO. Gleichwohl verkörpert diese Normierung das Gegenteil eines Onlinegeschäfts. In der Vergangenheit wurde die Einzelaufzeichnungspflicht nur aus Gründen der Unzumutbarkeit bei bargeldintensiven Geschäften aufgeweicht.

Sparbuchungen verstoßen in jedem Fall gegen Gesetz, wenn der Steuerpflichtige Umsatzsteuer abführen muss. Eine Pflicht zur Aufzeichnung eines jeden Geschäftsvorfalls ergibt sich aus § 22 UStG.

Gem. § 22 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 UStG ist eine Sparbuchung ebenfalls unzulässig, soweit der Unternehmer Waren verkauft, die unterschiedlich besteuert werden. Die Einzelaufzeichnungspflicht folgt dementsprechend aus Gesetz, womit eine Unzumutbarkeit ausscheidet.

Hinweise für die Praxis

Die Einzelaufzeichnung von Geschäftsvorfällen bringt gleichwohl einen Nutzen für den Onlinehändler mit sich. Beim Vertrieb von Waren über das Internet, sollten bei der Aufzeichnung der Geschäftsvorfälle und Begutachtung der Umsätze stets die Lieferschwellen für Verkäufe in das EU-Ausland im Auge behalten werden. Aufgrund dessen, das nur den Internethändlern selbst tagesaktuelle Daten zur Verfügung stehen, sollten diese eigenverantwortlich einschreiten, falls eine Lieferschwelle in einem EU-Mitgliedsstaat erreicht wird. Eine Lieferschwellenüberwachung ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht essenziell, da der Unternehmer bei Überschreitung der Lieferschwelle in dem entsprechenden EU-Mitgliedsstaat ebenfalls eine Umsatzsteueridentifikationsnummer beantragen sowie ggf. einen Steuerberater beauftragen muss.

Unzweifelhaft stellt der Internethandel in vielerlei Hinsicht eine große Chance für Unternehmen dar. Bezüglich der Buchführungspflicht gilt stets: Vorsicht ist besser als Nachsicht, denn Verstöße gegen die Buchführungspflichten können erhebliche Sanktionen wie die Anwendung von Zwangsmitteln gem. § 328 AO, eine Schätzung nach § 162 AO oder eine Ahndung nach § 379 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 AO mit sich bringen. Unter den Voraussetzungen der §§ 283 und 283b StGB ist eine Verletzung der Buchführungspflicht sogar strafbar.

Bei Fragen und Unsicherheiten sind Sie in jedem Fall gut beraten, wenn Sie einen Steuerberater konsultieren. Dieser kann Ihnen beim Datenimport unterstützend zur Seite stehen.