Stand: 26. Januar 2023

Mit Wirkung vom 01.01.2023 ist das Plattformen-Steuertransparenzgesetz (PStTG) in Kraft getreten. Zusammenfassend verpflichtet dieses Gesetz Betreiber von Internetplattformen, an das Finanzamt zu melden, wer über die Plattform Geschäfte abgewickelt hat und welchen Umfang diese Geschäfte hatten. Hierdurch werden dem Finanzamt nunmehr umfangreiche Informationen übermittelt, die zur Aufdeckung von nicht erklärten Einkünften, z.B. aus gewerblichem Handel, führen können. Darüber hinaus werden aber auch jegliche Privatverkäufer gemeldet, obwohl private Verkäufe nur unter gewissen Voraussetzungen zu einer Steuerpflicht führen. Steuerpflichtige, die derartige Plattformen nutzen, müssen sich auf zukünftige, unangenehme Nachfragen der Finanzverwaltung einstellen. Speziell für den Fall von nicht ordnungsgemäß erklärten gewerblichen Einkünfte besteht daher nunmehr dringender Handlungsbedarf für die Anbieter.

Vom Grundsatz her ist die Auskunft steuerlich nichts Neues. Bereits in der Vergangenheit hat die Finanzverwaltung regelmäßig Anfragen im Einzelfall an die großen Plattformbetreiber gerichtet, um bei Verdacht auf das Vorliegen nicht erklärter Einkunftsarten entsprechende Ermittlungen anstellen zu können. Diese Auskünfte wurden aufgrund anderer gesetzlicher Vorgaben in der Vergangenheit in der Regel gewährt und führten nicht selten zu anschließenden Steuernachforderungen bzw. gar Steuerstrafverfahren. Voraussetzung für derartige Anfragen war in der Regel jedoch, dass das Finanzamt Hinweise auf eine mögliche gewerbliche Tätigkeit o. ä. hatte, aufgrund derer Ansatzpunkte für diese Ermittlungsmaßnahme vorlagen.

Das Plattformen-Steuertransparenzgesetz stellt wiederum die deutsche Umsetzung der DAC 7 -Richtlinie der EU dar und regelt die Pflichten der Plattformbetreiber gegenüber dem Fiskus nunmehr detailliert und umfangreich. Nunmehr sind die Plattformbetreiber verpflichtet, von sich aus regelmäßig und turnusgemäß unter anderem jeden Anbieter auf der Plattform nebst dessen erzielten Vergütungen, der Anzahl der Vorgänge und im Fall des Anbietens von Überlassung von Wohnungen auch die Lage, Anzahl, Tage etc. der inserierten Wohneinheit zu melden. Dies betrifft insbesondere, aber nicht ausschließlich bekannte Plattformen wie z.B. eBay, AirBnB, Uber oder Chrono24. Hiervon ist jede Plattform betroffen, über welche die im Gesetz geregelten Vorgänge angeboten und abgewickelt werden. Bei den meldepflichtigen Tätigkeiten wird praktisch das gesamte Spektrum möglicher steuerlich relevanter Vorgänge erfasst; so sind die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an unbeweglichem Vermögen (z.B. AirBnB), die Erbringung persönlicher Dienstleistungen (diverse Börsen für Putzdienste, Haushaltshilfen, Musikunterricht, Nachhilfestunden), der Verkauf von Waren (z.B. eBay) und die zeitlich begrenzte Überlassung von Nutzungen und anderen Rechten jeder Art an Verkehrsmitteln (z.B. Uber) meldepflichtig.

Das die Meldepflicht dazu führen wird, dass insbesondere gewerbliche Händler, die bislang ihren steuerlichen Erklärungspflichten nicht oder nicht vollständig nachkamen, nunmehr beim Finanzamt bekannt werden, dürfte auf der Hand liegen. Entgegen häufig vertretener Ansichten liegt es nicht beim Anbieter, darüber zu entscheiden, ob ein gewerblicher Handel oder eine sonstige gewerbliche Tätigkeit vorliegt oder nicht, sondern an durch die Rechtsprechung herausgearbeiteten Grundsätzen. Für die Annahme einer gewerblichen Handelstätigkeit spielt z.B. die Anzahl der Verkaufsvorgänge, der Einkauf von Waren in Verkaufsabsicht, das Auftreten in der Öffentlichkeit etc. eine Rolle. Speziell für Personen, deren Tätigkeit als gewerblich einzustufen ist, sollte nunmehr geprüft werden, ob im Fall von nicht ordnungsgemäß erklärten Einkünften eine strafbefreiende Selbstanzeige sinnvoll ist und welche Voraussetzungen dafür notwendig sind. Sobald die erste turnusgemäßen Meldung an das Finanzamt vorgenommen wurde, besteht die erhebliche Gefahr, dass dem Finanzamt die Einkünfte bekannt geworden sind und hierdurch eine strafbefreiende Selbstanzeige ausgeschlossen sein könnte. Vor diesem Hintergrund besteht diesbezüglich dringender Handlungsbedarf. Aufgrund des möglichen, erheblichen Umfangs einer strafbefreienden Selbstanzeige und den hierfür notwendigen, zwingend erforderlichen Vorbereitungen sollte dies nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Umgekehrt kann die Meldepflicht nunmehr aber auch dazu führen, dass private Anbieter, die nicht steuerpflichtig sind, sich nunmehr mit unangenehmen Nachfragen des Finanzamts, möglichen Steuerschätzungen und ebenfalls – ungerechtfertigten – strafrechtlichen Vorwürfen auseinandersetzen müssen. So ist die private Haushaltsauflösung (z.B. nach einem Umzug) im Regelfall keine steuerpflichtige gewerbliche Tätigkeit und auch der Verkauf von Alltagsgegenständen des täglichen Gebrauchs, die man selbst genutzt hat, kein privates Veräußerungsgeschäft, welches steuerpflichtig wäre. Auch hier existiert für den Einzelfall eine vielfältige Rechtsprechung, hinsichtlich derer das Vorliegen einer Steuerpflicht genau zu prüfen ist. Hinsichtlich des Anbietens von Diensten stellt sich die Situation sogar noch strenger dar, da steuerlich ein „Freundschaftsdienst“ gegen Entgelt grundsätzlich nicht vorgesehen ist und nur unter gewissen Umständen bzw. in geringem Umfang eine Steuerfreiheit vorliegen kann. Sollte sich herausstellen, dass ein vermeintlich privates Anbieten tatsächlich steuerpflichtig ist, ist auch in diesem Fall nicht ausgeschlossen, dass dem ein Bußgeld- oder gar Steuerstrafverfahren folgt.

Festzuhalten bleibt in jedem Fall, dass sich nunmehr kein Anbieter, der sich Internet-Plattformen bedient, mehr auf die Anonymität des Internets verlassen und darauf hoffen kann, steuerlich „unbehelligt“ zu bleiben. Es kann auch nicht realistisch darauf gehofft werden, dass das Finanzamt aufgrund der nunmehr dort eingehenden Datenfülle die Meldungen nicht verarbeiten kann. Vielmehr ist zu erwarten, dass bei der Finanzverwaltung bereits technische Möglichkeiten zum Abgleich bestehen bzw. bis zum ersten Meldetermin bestehen werden, anhand derer automatisch Abweichungen zwischen den bislang vorliegenden Steuererklärungen und den gemeldeten Tätigkeiten vorgenommen werden können. Aufgrund der möglichen, gravierenden Folgen ist eine fundierte steuerliche und gegebenenfalls auch steuerstrafrechtliche Beratung unerlässlich.