Stand: 6. Dezember 2021

Der Art. 15 DSGVO regelt gemäß seiner amtlichen Überschrift das Auskunftsrecht der betroffenen Personen. Damit bildet er gemeinsam mit den Informationspflichten des Verantwortlichen in Kapitel III der DSGVO einen fundamentalen Teil der Betroffenenrechte und wurde zuletzt als „zentrales Instrument zur Durchsetzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung“ bezeichnet. Dabei sind Inhalt und Reichweite des Auskunftsrechts nach wie vor hochumstritten und immer wieder Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen.

1. Überblick

Grundsätzlich stehen sich hier zwei Ansichten diametrale gegenüber. Zum Teil wird von einer Ansicht bereits schon ein Anspruch auf Herausgabe von Kopien der Dokumente gem. Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO verneint. Nach entsprechender Wortlautauslegung der Norm hat der Betroffene lediglich einen Anspruch auf die Kopie der personenbezogenen Daten aus Absatz 1, die Gegenstand der Verarbeitung sind in Form einer Auflistung nach dem Vorbild des Art. 15 Abs. 1 DSVO. Ein Recht auf Kopie des Betroffenen kann demnach materiell-rechtlich überhaupt nicht über den Inhalt des Abs. 1 hinausgehen. Nach einer extensiveren Auffassung der Norm sind dem Betroffenen vom Verantwortlichen sämtliche personenbezogenen Daten in der beim Verantwortlichen liegenden Rohfassung als Kopie zu übermitteln. Zusätzlich trifft den Verantwortlichen die Pflicht, die Kopien auf Nachfrage des Betroffenen zu erläutern. Gleichwohl geht der Anspruch aus Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO in Abgrenzung zu Art. 20 DSGVO nicht soweit, dass die Rohdaten des Verantwortlichen in einer bestimmten Art aufbereitet werden müssen, um eine Verwendung durch den Betroffenen garantieren zu können. Die Pflicht zur Erklärung auf Nachfrage besteht jedoch nach wie vor.

2. Die Entscheidung des OLG München

Jüngst veröffentlichte das OLG München mit Urteil v. 04.10.2021 (3 U 2906/20) seine Entscheidung zum Umfang des Anspruchs auf Herausgabe von Kopien personenbezogener Daten nach Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO. Besondere Beachtung gilt hier der Auslegung des Begriffs der „personenbezogenen Daten“. Das Gericht legte den Begriff extensiv aus und billigte dem Kläger einen selbstständigen Anspruch auf Herausgabe der Kopien zu, neben jenem auf Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO. Bemerkenswert daran ist, dass das Gericht in seinen Entscheidungsgründen Dokumente – „insbesondere in Form von Telefonnotizen, Aktenvermerken, Protokollen, E-Mais und Briefen“ insgesamt als personenbezogene Daten ansieht. Diese sind „grundsätzlich ihrem gesamten Inhalt nach als personenbezogene Daten anzusehen“. Im Grunde ist nach Ansicht des OLG jedes Dokument mit Personenbezug, durch dessen man eine Verbindung mit dem Betroffenen konstruieren kann, durch die darin enthaltenen personenbezogenen Daten seinem gesamten Inhalt nach als personenbezogenes Datum anzusehen. Das Gericht vertritt die Auffassung, dass Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO einen eigenständigen Anspruch auf Herausgabe der Kopien der verarbeiteten personenbezogenen Daten darstellt.

Durch die vorgenommene Argumentation erstreckt sich der Umfang des Anspruchs allerdings ins Uferlose. Aus den Erwägungsgründen der Verordnung ergibt sich, dass Zweck der Regelung ist, dem Betroffenen die Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung zu ermöglichen und sich der Verarbeitung bewusst zu sein. Das Gericht muss sich in Anschluss an seine Argumentation die Frage gefallen lassen, ob durch eine derart extensive Auslegung nicht die effektive Durchsetzung der Betroffeneninformation gefährdet wird.

3. Ausblick

Diese Frage wird sich vermutlich auch demnächst der EuGH stellen. Bereits jetzt gibt es mehrere Vorlagefragen des Obersten Gerichtshofs Österreich zur Reichweite und Rechtsnatur des Art. 15 DSGVO. Mithin befindet sich unter den vorgelegten Fragen auch die um die Rechtsnatur des Auskunftsrechts des Betroffenen gem. Art. 15 Abs. 3 DSGVO. Der EuGH erhält damit die Gelegenheit, umfassende Ausführungen zum Auskunftsrecht zu machen. Gerade unter dem Gesichtspunkt der Einheitlichkeit der Rechtsordnungen ist dies eine begrüßenswerte Entwicklung.

Als Adressat eines Auskunftsverlangen nach Art.15  DSGVO erscheint es bis zur – hoffentlich abschließenden – Klärung durch den EuGH ratsam das Auskunftsbegehren der betroffenen Person entsprechend auszulegen und ggf. durch Nachfrage beim Betroffenen zu versichern, ob er eine Auskunft gem. Art. 15 Abs. 1 DSGVO, eine Datenkopie gem. Abs. 3 oder beides erhalten verlangt. Entsprechend der bisherigen Ausführungen ist es aktuell nicht möglich eine sichere Aussage über den Umfang des Art. 15 Abs. 3 S. 1 DSGVO zu treffen.

Christian Krösch