In der Fachöffentlichkeit wird häufig die Frage diskutiert, ob Unternehmen Regress für sog. internal investigations bei Beschäftigten nehmen können. Zunächst unbeachtlich bleiben kann dabei, in welcher Rolle ein externer, professioneller Dienstleister zur Aufklärung konkreter Verdachtsmomente gegen einen Beschäftigten tätig wird. Diese Debatte hat mit dem viel beachteten Urteil des BAG vom 29.04.2021 – 8 AZR 276/20 zuletzt einen neuen Anstoß erfahren.

Einleitung

Die Entscheidung enthält eine begrüßenswerte Klarstellung und eröffnet nicht zuletzt ein wichtiges Rechtsmittel in Kündigungsschutzklagen bei Compliance Verstößen. Der Arbeitgeber kann hier sein verfolgtes Ziel im Vergleich zum normalen Klageverfahren kostengünstig mit einer Widerklage verfolgen. Im Kern können Kosten seitens des Unternehmens zur Aufklärung von schwierigen, komplexen Pflichtverletzungen eine ersatzfähige Schadensposition darstellen, die in den Grenzen der Erforderlichkeit gegenüber dem Arbeitnehmer geltend gemacht werden kann, wenn das Ermittlungsergebnis den Arbeitgeber zum Ausspruch einer wirksamen Kündigung veranlasst.

Die aktuelle Entscheidung

Konkret lag gegen einen Beschäftigten ein hinreichender Verdacht einer vorsätzlichen Vertragsrechtsverletzung vor, nachdem mehrere anonyme Meldungen von Whistleblowern eingingen, die auf einen erheblichen Verstoß gegen die internen Compliance Regeln schließen ließen. Daraufhin traf das im Unternehmen zuständige Komitee die Entscheidung, eine Untersuchung durch Einschaltung eines auf Durchführung von Compliance-Ermittlung spezialisierten Dienstleisters durchzuführen. Mit der Klage verfolgt das Unternehmen einen Erstattungsanspruch über die notwendigen Kosten gegen den Beschäftigten für die durch sie beauftragten Dienstleistungen.

Das BAG hat das Begehren des Unternehmens jüngst letztinstanzlich mit der Begründung abgelehnt, dass die im Verfahren geltend gemachten Kosten durch das Unternehmen nicht als zwingend erforderlich dargelegt wurden. Ein Ersatz kommt aufgrund spezieller arbeitsrechtlicher Regelungen nur in engen Grenzen in Betracht. Unabdingbar ist im Grundsatz, dass das Unternehmen in der Lage ist, einen substantiierten Vortrag dahingehend zu erbringen, welche konkreten Tätigkeiten wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchem konkreten Verdacht durch den Beauftragten ausgeführt wurden. Zwingend ist also eine detaillierte Dokumentation der Ermittlungen, denen ein konkreter Verdacht einer erheblichen Verfehlung des Beschäftigten vorausging.

Fazit und Handlungsempfehlung

Ein Erstattungsanspruch gegenüber Beschäftigte für erforderliche Compliance-Kosten durch externe Dienstleister ist demnach im Grundsatz erstattungsfähig. Unabdingbar bleibt für Unternehmen vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung aber eine differenzierte Auseinandersetzung mit den Besonderheiten arbeitsrechtlicher Regelungen. Derartige Untersuchungen sollten daher strategisch geplant und hinreichend detailliert dokumentiert werden.

Christian Krösch